In Memoriam

 

Rainer Mahr 

*01.05.1942 - 12.09.2022

 

Ein Nachruf von Drs. Anja van der Schrieck-Junker

Liebe Inge, liebe Trauergemeinde,

wir nehmen heute von Rainer Abschied, jeder auf seine Weise. Ich bin auch deshalb sehr bewegt, weil wir uns vor fast 40 Jahren kennen gelernt haben. In dieser langen Zeit konnte ich nicht nur die berufliche Entwicklung von Rainer erleben, sondern auch seine innere. Es war damals im Herbst 1983 eine wichtige Zeit für Rainer und für alle, die „an sich arbeiteten“. Die Bioenergetik oder Bioenergetische Analyse war ein Teil der Post-1968er-Bewegung. Man ging in Therapie, um sich selbst kennen zu lernen. Die bioenergetische Weiterbildung war voller Selbsterfahrung und Austausch miteinander. Es ging nicht nur um uns selbst, sondern auch darum, die Welt ein wenig zu verbessern.

Rainer hatte viele Gaben, besonders seine klare Sprache und seine Empathie im Umgang mit seinen Kolleginnen und Kollegen und Klientinnen und Klienten. Als Intellektueller und Liebhaber von Wörtern und Begriffen hat er angefangen zu schreiben. Immer wieder tauschten wir uns über seine Texte aus. Er kam in den Kreis der Autoren, die sich der Entwicklung der Theorie und Praxis der Bioenergetischen Analyse gerade auch schriftlich zugewandt hatten. Themen wie „Grounding“, „Energie“ oder „Blockade“, aber auch eine Therapie mit einer Migräne-Patientin oder „Traumatised Children“ hatten seine Aufmerksamkeit. Erst im deutschsprachigen Bereich bei der Zeitschrift „Forum“, später auch im englischen „International Journal“ erschienen seine Aufsätzen. In den beiden Büchern mit Christa Ventling als Herausgeberin sind auch von ihm Artikel erschienen. Der nächste Schritt waren dann die Einladungen, sein Wissen auch auf Konferenzen vorzutragen, Workshops zu geben oder Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Konferenzen zu sein. Für jemand wie Rainer, der eher bescheiden und ruhig war, ist diese Entwicklung ein dankbares Geschenk für die ganze Organisation.

Rainer hat mehrere Ämter inne gehabt. Angefangen damit, dass er unsere Gesellschaft in der Europäischen Föderation vertreten hat, die sich damals noch in den Kinderschuhe befand. Er war auch einige Zeit im Vorstand dieses Gremiums. Das bedeutete mehrmals im Jahr zu reisen, als Vorstandsmitglied öfters. Damals gab es noch kein Zoom! Später war Rainer viele Jahre Vorsitzender des Weiterbildungsausschusses. Das war in der Zeit, als Psychotherapie als eigenständige Approbation für Ärzte, Dipl. Psychologen und Heilpraktiker gesetzlich zugänglich wurde. Es bedeutete, dass nicht nur das Zertifikat Bioenergetische Analyse, sondern auch wenigstens das Examen des Heilpraktikers Psychotherapie eine Bedingung wurde, von der Gesellschaft anerkannt zu werden.

Arbeit in einer Gesellschaft wird oft nicht richtig wahrgenommen und deswegen auch gemieden. Aber Rainer stand immer dafür und investierte viel Zeit in das, was getan werden musste. Es waren diese Großzügigkeit, Gelassenheit, Bereitschaft zuzuhören, die Rainer zu dem machten, was er für uns war: ein vertrauensvoller Partner für die Gesellschaft wie für alle, die mit ihm zusammengearbeitet haben.

Ich werde Rainer sehr vermissen!

Heidelberg, Neu-Isenburg, den 6. Oktober 2022